OLG Hamm, Rahmenvertrag über die Erbringung von Umzugsleistungen: Schadensersatzklage wegen unberechtigter Kündigung des Auftraggebers; Nachweis des entgangenen Gewinns, Urteil vom 24.01.2019 – Az. 18 U 57/09 –

In dieser Entscheidung ist es um Schadensersatz aus einem geschlossenen Rahmenvertrag über Umzugsleistungen gegangen, den der Auftraggeber unberechtigt gekündigt hatte.  Die Parteien hatten in dem Vertrag einen Umsatz von 920.000,00 € netto als „Zielwert“ bzw. „Nettowert“ angegeben. In der Präambel hatten die Parteien ausdrücklich klargestellt, dass keine Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung von Aufträgen im Umfang des im Rahmenvertrag angegebenen Zielwerts begründet werde. Es wurde also an sich keine Mindestvergütung vereinbart.

Der Senat ist jedoch zu dem Ergebnis gelangt, dass mit Blick auf den Umfang der bei ungestörtem Fortgang der Geschäftsbeziehung während der Vertragslaufzeit mit Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Bestellungen indizielle Bedeutung beigemessen werden könne. Die Aufnahme eines konkreten Betrages in den Wertkontrakt und dessen Bezeichnung als „Zielwert“ bringe zum Ausdruck, dass die Vertragsparteien das Erreichen eines Umsatzes in der genannten Größenordnung bei Vertragsschluss zumindest ernsthaft in Betracht gezogen haben. Dass sie bei dessen Bestimmung ihre aus damaliger Sicht bestehenden Umsatzerwartungen während der Vertragslaufzeit in den Blick genommen und sich daran orientiert haben, erscheine, unabhängig davon dass hiermit kein bestimmtes Auftragsvolumens garantiert oder verbindlich vereinbart werden sollte, naheliegend. Abgesehen davon, dass in einem solchen Fall die Sinnhaftigkeit der Aufnahme des Zielwerts in den Wertkontrakt und der Wertangabe in die Abrufbestellung durchgreifend in Frage gestellt wären, lägen auch keine nachvollziehbaren Gründe dafür vor, dass die Parteien den Wert ohne Rücksicht auf tatsächlich bestehende Umsatzerwartungen willkürlich festgelegt haben könnten.

Das OLG hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben; die Entscheidung ist rechtskräftig. Diese Entscheidung ist von nicht unerheblicher Bedeutung, da das Gericht mit Blick auf einen Rahmenvertrag, in dem ausdrücklich geregelt worden war, dass keine Verpflichtung zum Auftragsabruf bestanden hat, eine Schadensersatzverpflichtung mit Blick darauf begründet hat, dass die Parteien eine konkret betragsmäßig bezifferte Umsatzerwartung aufgenommen hatten. Was aber bedeutet dies, wenn der Auftraggeber die Leistungen nicht abruft, den Rahmenvertrag also leerlaufen lässt, statt ihn zu kündigen? Kann es einen Unterschied machen, ob ein Rahmenvertrag gekündigt wird oder der Auftraggeber diesen leerlaufen lässt? Ein Unterschied dürfte nicht bestehen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Entscheidung aber nicht unproblematisch. Fraglich ist auch, ob diese Entscheidung übertragbar ist auf Konstellationen, in denen keine betragsmäßig bezifferte Umsatzerwartung aufgenommen worden ist, sondern nur etwa erwartete Umschlagsvolumina. An sich spricht nichts dagegen, dass auch den erwarteten Waren-/Umschlagsvolumina eine eben solche „indizielle Bedeutung“ beigemessen werden müsste. Diese Entscheidung birgt für potenzielle Auftraggeber Gefahren, wenn in einem Rahmenvertrag Angaben zu etwaigen Umsatz- bzw. Voluminaerwartungen aufgenommen werden. Umgekehrt sollten Auftragnehmer zusehen, dass diese aufgenommen werden.

U.S.