In der genannten Entscheidung hat sich der I. Senat u.a. mit der Frage auseinandergesetzt, wann eine Weisung im Sinne von Art. 12 CMR gegeben ist und wann eine Weisung wirksam erklärt und zugegangen ist. Eine Weisung im Sinne des Art. 12 CMR stelle eine einseitige Willenserklärung dar, die als solche zu dem Zeitpunkt wirksam werde, zu dem sie dem Frachtführer zugehe Mit Blick auf die in Art. 12 Abs. 7 CMR angeordnete strenge Haftung müsse eine solche Weisung so in den Geschäftsbereich des Frachtführers gelangen, dass dieser von ihr nach den Umständen des Einzelfalls bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt eines ordentlichen Frachtführers Kenntnis nehmen kann.
Der Senat hat sich auch mit der Frage beschäftigt, wer zur Entgegennahme einer Weisung bevollmächtigt ist. Ein für einen Transport vom Frachtführer eingesetzter Fahrer sei im Allgemeinen nicht bevollmächtigt, für diesen eine zu einer einseitigen Vertragsänderung führende Weisung gemäß Art. 12 CMR entgegenzunehmen. Dies ergebe sich bereits aus dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 CMR, der eine Weisung an den Frachtführer vorsehe und seine Bediensteten nicht in den Adressatenkreis einbeziehe. Vor allem ergebe sich die Notwendigkeit, die Weisung nach Art. 12 Abs. 1 CMR dem Frachtführer zu erteilen, aus der Rechtsnatur des Weisungsrechts. Die Weisung sei das Recht zu einer einseitigen Vertragsänderung. Mache der Absender von dem Recht Gebrauch, den Vertrag zu ändern, müsse die Erklärung deshalb an den Frachtführer selbst, bei einer juristischen Person an ihr Organ oder an eine zur rechtsgeschäftlichen Vertretung des Frachtführers befugte Person gerichtet sein. Dagegen reiche es regelmäßig nicht aus, dass die Weisung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 CMR nur dem Fahrer zugehe. Der Fahrer sei im Allgemeinen nicht bevollmächtigt, den Frachtführer rechtsgeschäftlich zu vertreten. Auch aus Art. 3 CMR lasse sich ein solches Recht nicht ableiten. Dementsprechend sei der Fahrer nicht bevollmächtigt, für den Frachtführer eine zu einer einseitigen Vertragsänderung führende Weisung entgegenzunehmen. Dass der Absender eine Weisung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 CMR dem Frachtführer gegenüber erklären müsse und sie nicht rechtswirksam dessen Fahrer erteilen könne, sei Folge einer angemessenen Risikoverteilung zwischen Absender und Frachtführer. Der Frachtführer müsse bei einer Weisung nach Art. 12 Abs. 1 CMR prüfen, ob die Grenzen des Weisungsrechts und damit des Rechts zu einer einseitigen Vertragsänderung eingehalten sind und ob eine Benachrichtigung nach Art. 12 Abs. 6 CMR erforderlich ist, weil der Frachtführer die Weisung nach Art. 12 Abs. 5 Buchst. b CMR nicht durchführen kann. Dazu muss der Empfänger der Weisung den Frachtvertrag kennen und über die zur Beurteilung der Voraussetzungen des Art. 12 Abs. 5 Buchst. b CMR erforderlichen Umstände im Betrieb des Frachtführers Bescheid wissen. Davon könne regelmäßig bei einem Fahrer nicht ausgegangen werden. Zwar könnte der Fahrer seinerseits bei einer zur Vertretung befugten Person auf Seiten des Frachtführers eine Entscheidung einholen. Damit verlagert sich aber das Risiko auf den Frachtführer, dass sein Fahrer, der eine Weisung des Absenders erhalten hat, noch rechtzeitig eine Entscheidung, wie zu verfahren ist, herbeiführen könne.
BGH, Urteil vom 21.09.2017 – Az. I ZR 47/16
Diese Entscheidung dürfte von nicht unerheblicher Bedeutung für die Beurteilung zukünftiger Sachverhalte sein, in denen es um die Frage geht, ob der Frachtführer gegen eine ihm erteilte Weisung verstoßen haben könnte.