OLG München: „Grobes Verschulden im Sinne von § 435 HGB“ – Beschluss vom 16.04.2018 – Az. 7 U 4136/17

Das OLG München hatte sich mit der Berufung eines verklagten Frachtführers zu befassen, der in I. Instanz wegen des Verlusts einer Sendung zu der Höhe nach unbeschränktem Schadensersatz verurteilt worden war. Es ist kurz um folgenden Sachverhalt gegangen: Der Frachtführer wurde vom Versender beauftragt, fünf Tresore zur bestimmungsgemäßen Empfängerin zu befördern.  Der beauftragte Frachtführer hatte den Transport nicht selbst durchgeführt, sondern einen Subunternehmer mit der Durchführung des Transports beauftragt. Das Sendungsgut ist bei der bestimmungsgemäßen Empfängerin nicht abgeliefert worden. Der Transportversicherer der Versenderin hat den beauftragten Frachtführer hierauf auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Der Senat hat in seinem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass der beklagte Frachtführer gemäß § 435 HGB auf vollen Schadensersatzhaftung gemäß § 435 HGB hafte. Die Beklagtenseite hatte zuvor ausgeführt, dass es an den diesbezüglichen tatbestandsmäßigen Voraussetzungen fehle. Hierzu hält der Senat fest, dass es zwar richtig sei, dass das Tatbestandsmerkmal der „Leichtfertigkeit in dem Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde“ eine subjektive Komponente habe, wie sich aus dem Wortlaut der Norm ergebe. Da aber kaum ein Frachtführer ein solches Schadensbewusstsein von sich aus einräumen werde, könne diese subjektive Komponente nur aus den Umständen gefolgert werden bzw. müsse je nach den Umständen des Einzelfalles der Schluss aus den objektiven Umständen auf das Schadensbewusstsein möglich sein, wenn die Vorschrift des § 435 HGB nicht leerlaufen solle. Bei einem frühmorgendlichen unbeaufsichtigten Abstellen ungesicherter Ware – wie vorliegend – liege es nach Auffassung des Senats mehr als nahe, dass sich dem Fahrer der Beklagten (wie jedermann) aufdrängen müsste, dass die hohe Wahrscheinlichkeit des Verlustes der Ware bestehe. Diesem Schluss aus den äußeren Umständen auf das Bewusstsein des von Beklagtenseite erst in II. Instanz zu diesem Komplex benannten Zeugen von der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts könne die Berufung nicht entgegen halten, dass das Landgericht diesen Zeugen hierzu nicht vernommen hätte. Auch wäre der Zeuge zu diesem Beweisthema erstinstanzlich nicht benannt worden.

U.S.