LG Mönchengladbach, Kündigung eines Reiseteilnehmers während der Probezeit, Urteil vom 09.03.2021, Az. 4 S 30/20

Gegenstand dieser Entscheidung war die Klage von Reiseteilnehmern gegen den Reiseversicherer auf Erstattung von Stornokosten für eine gebuchte, aber nicht durchgeführte USA-Reise als Versicherungsleistung aus einem Vertrag über eine Reiserücktrittskostenversicherung.

In den „Besonderen Bestimmungen der Reisekostenrücktrittsversicherung“ war u.a. versichert der „Verlust des Arbeitsplatzes aufgrund einer betriebsbedingten Kündigung“.

Vorliegend war der Klägerin zu 2 noch während der Probezeit gekündigt worden. Das die Klage in I. Instanz abweisende Amtsgericht hatte ausgeführt, dass eine betriebsdingte Kündigung im Sinne der Versicherungsbedingungen nicht vorliege. Es komme auch nicht darauf an, ob die Kündigung ggf. betrieblich motiviert gewesen sei. Das Amtsgericht meint, dass es sich um eine betriebsbedingte Kündigung nach der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur, aber auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nur bei einer solchen Kündigung handele, die der Arbeitgeber gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG mit dringenden betrieblichen Erfordernissen rechtfertigen muss, und zwar in der Kündigungserklärung selbst. Hieran knüpften die Versicherungsbedingungen an. Bereits begrifflich könne daher eine Probezeitkündigung nicht als betriebsbedingt angesehen werden. Während der Probezeit müsse der Arbeitnehmer immer mit einer Kündigung rechnen. Eine solche Kündigung sei vorhersehbar im Sinne der Versicherungsbedingungen.

Das Landgericht ist dieser Entscheidung entgegengetreten, hat diese aufgehoben und der Klage auf Erstattung der Stornokosten stattgegeben. Die erkennende Kammer ist der Auffassung, dass eine betriebsbedingte Kündigung während der Probezeit nicht schon als solche grundsätzlich vorhersehbar i.S.d. Versicherungsbedingungen sei. So formuliere eine Literaturstimme etwa, dass die betriebsbedingte Kündigung überraschend sein müsse. Ähnlich verhalte sich die Formulierung, dass mit dem Ereignis nicht dürfe zu rechnen gewesen sei. Eine betriebsbedingte Kündigung während der Probezeit sei aber in der Regel überraschend, unerwartet oder unvorhergesehen für den Arbeitnehmer. Mit einer solchen wäre nicht zu rechnen, da aufgrund des unbefristet abgeschlossenen Arbeitsvertrags der Arbeitnehmer zu Recht davon ausgehen könne, dass sein Arbeitgeber plane, ihn während der Probezeit nicht betriebsbedingt zu entlassen. Andernfalls wäre der Abschluss eines befristeten Arbeitsverhältnisses weitaus näherliegend gewesen. Die Probezeit diene vielmehr der Feststellung, ob Gründe in der Person des Arbeitnehmers oder seines Verhaltens für eine vorzeitige und erleichterte Auflösung des Arbeitsverhältnisses sprechen. Eine betriebsbedingte Kündigung während der Probezeit sei bei jedem Probearbeitsverhältnis jederzeit denkbar, eine potentielle Gefahr für einen derartigen Verlauf bestehe immer. Allein die Kenntnis dieser Möglichkeit führe nach Auffassung der Kammer nicht zu der Annahme einer entsprechenden Erwartung. Erwartet sei ein Umstand, wenn er als halbwegs sichere Folge eines Tuns antizipierbar sei, wenn also sein Eintritt überwiegend wahrscheinlich sei. Es könne aber als sicher angesehen werden, dass die Kläger die Reise nicht gebucht hätten, wenn sie die betriebsbedingte Kündigung tatsächlich ernsthaft erwartet hätten.

Im vorliegend Fall hatten der Arbeitgeber bescheinigt, dass die Kündigung in der Probezeit aufgrund einer Standortschließung erfolgt sei, was zweifelsohne ein betriebsbedingter Grund sei. Die hier in Rede stehende Klausel differenziere nicht zwischen einer Kündigung inner- oder außerhalb der Probezeit. Es wird abzuwarten bleiben, wie sich die Rechtsprechung insofern weiter entwickeln wird. Die Kammer führt selbst aus, dass nach einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung eine Probezeitkündigung grundsätzlich keine unvorhersehbare Kündigung darstelle, weil das Arbeitsverhältnis jederzeit ohne Angabe von Gründen und ohne Einhaltung von Fristen gekündigt werden könne und deshalb eine Kündigung während der Probezeit immer vorhersehbar sei, also mit einer solchen jederzeit gerechnet werden müsse.

U.S.