Das Bundesarbeitsgericht hatte über nachfolgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Arbeitnehmerin und Arbeitgeber hatten am 22.11.2019 einen Aufhebungsvertrag geschlossen. Zuvor hatte am gleichen Tage ein Gespräch stattgefunden, an dem neben der Arbeitsnehmerin und dem Geschäftsführer der Arbeitgeberin der die Arbeitgeberin beratende Rechtsanwalt teilgenommen hatten. Gegenüber der Arbeitnehmerin wurde der Vorwurf erhoben, dass diese unberechtigt Einkaufspreise in der EDV der Arbeitgeberin abgeändert bzw. reduziert haben soll, um so einen höheren Verkaufsgewinn vorzuspiegeln. Die Arbeitgeberin unterzeichnete nach einer etwa zehnminütigen Pause, in der die drei anwesenden Personen schweigend am Tisch saßen, den von der Arbeitgeberin vorbereiteten Aufhebungsvertrag, der u.a. eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.11.2019 vorgesehen hat. Die weiteren Einzelheiten des Gesprächsverlaufs sind streitig geblieben. Die Arbeitnehmerin hat den Aufhebungsvertrag mit Erklärung vom 29.11.2019 wegen widerrechtlicher Drohung angefochten.
Der erkennende Senat hat ausgeführt, dass ein Aufhebungsvertrag unter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zustande kommen könne. Ob das der Fall sei, sei anhand der Gesamtumstände der konkreten Verhandlungssituation im jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. Allein der Umstand, dass der Arbeitgeber den Abschluss eines Aufhebungsvertrags von der sofortigen Annahme seines Angebots abhängig mache, stelle für sich genommen keine Pflichtverletzung gemäß § 311 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB dar. Das wäre selbst dann so, wenn dies dazu führe, dass dem Arbeitnehmer weder eine Bedenkzeit verbleibe, noch der Arbeitnehmer erbetenen Rechtsrat einholen könne.
Die Arbeitnehmerin hat Klage erhoben, u.a. mit dem Ziel, den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 30.11.2019 feststellen zu lassen. Zur Begründung hat die Arbeitnehmerin ausgeführt, dass ihr für den Fall der Nichtunterzeichnung des Aufhebungsvertrags die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung sowie die Erstattung einer Strafanzeige in Aussicht gestellt worden sei. Ihrer Bitte nach einer längeren Bedenkzeit und Rechtsrat einzuholen, sei nicht entsprochen worden. Die Arbeitnehmerin ist daher der Auffassung, dass die Arbeitgeberin gegen das Verbot fairen Verhandelns verstoßen habe.
Nachdem das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hatte, wurde das Urteil in der Berufungsinstanz aufgehoben und die Klage abgewiesen. Hiergegen hat die Arbeitnehmerin Revision eingelegt.
Das BAG hat die Revision der Arbeitnehmerin zurückgewiesen. Dabei wurde der von der Arbeitnehmerin geschilderte Gesprächsverlauf unterstellt. Gleichwohl fehle es nach Auffassung des Senats an der Widerrechtlichkeit der behaupteten Drohung. Ein verständiger Arbeitgeber hätte im vorliegenden Fall sowohl die Erklärung einer außerordentlichen Kündigung als auch die Erstattung einer Strafanzeige ernsthaft in Erwägung ziehen dürfen. Die Arbeitgeberin habe nicht unfair verhandelt und dadurch gegen ihre Pflichten aus § 311 Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 241 Abs. 2 BGB verstoßen. Die Entscheidungsfreiheit der Arbeitgeberin sei nicht dadurch verletzt worden, dass die Arbeitgeberin den Aufhebungsvertrag entsprechend § 147 Abs. 1 Satz 1 BGB nur zur sofortigen Annahme unterbreitet habe und die Arbeitnehmerin über die Annahme deswegen sofort entscheiden musste.
Die Entscheidung überrascht deshalb, da jedenfalls an dem Gespräch, das in den Abschluss des Aufhebungsvertrages mündete, auf Seiten des Arbeitgebers ein Rechtsanwalt teilgenommen hatte. Grundsätzlich gilt der Grundsatz der sog. Waffengleichheit, was vorliegend bedeutet hätte, dass die Arbeitnehmerin anwaltliche Beratung hätte beiziehen können dürfen. Die ausführliche Urteilsbegründung wird daher abzuwarten bleiben.
vgl. Pressemitteilung des BAG Nr. 8/22