AG München, Kein Nachweis einer schweren Erkrankung aufgrund einer telefonischen Anamnese, Urteil vom 29.10.2020, Az. 174 C 6951/20

Der Kläger macht Ansprüche aus einer Reiseabbruchversicherung geltend. Er will auf einer Langlaufloipe so schwer auf den Rücken gestürzt sein, dass er die Reise nicht habe fortsetzen können. Er habe am 06.03.2020 mit seinem Hausarzt in Deutschland telefonisch Kontakt aufgenommen. Dieser habe ihm aufgrund der zwischenzeitlich für Südtirol erfolgten Reisewarnung des Auswärtigen Amtes wegen der Covid-19-Pandemie davon abgeraten, einen Arzt vor Ort aufzusuchen. Er habe ihm vielmehr geraten, das Schmerzmittel Ibuprofen 800 einzunehmen, sich nach Hause und dort in häusliche Quarantäne zu begeben. Sollte es sich um eine starke Prellung oder einfache Fraktur handeln, würden die Schmerzen mit der Zeit abnehmen. Andernfalls müsse eine Klinik in Deutschland aufgesucht werden. Der Kläger habe sich für die Heimreise und Quarantäne entschieden.

Der verklagte Versicherer hatte sich damit verteidigt, dass der Nachweis einer unerwartet schweren Erkrankung nicht geführt worden sei. Der Versicherungsnehmer habe gegen seine Obliegenheitspflicht verstoßen, einen Arzt vor Ort aufzusuchen.

Da Gericht hat die Klage abgewiesen: Der Kläger habe den Nachweis einer unerwarteten schweren Erkrankung nicht geführt. Er habe keinen Arzt aufgesucht. Die vorgelegte ärztliche Bescheinigung, die auch die Unzumutbarkeit impliziere, beruhte auf einer Einschätzung im Rahmen einer telefonischen Erörterung der Sachlage, ohne dass eine tatsächliche Untersuchung stattgefunden hätte. Sie habe daher hinsichtlich der Diagnose „starke Prellung und/oder Fraktur“ allenfalls einen eingeschränkten, bezüglich der Frage der Unzumutbarkeit der Fortführung der Reise gar keinen Aussagewert. Es sei nicht erklärbar, warum der Besuch eines Krankenhauses oder einer Arztpraxis in Südtirol auch im Rahmen der Covid 19- Pandemie nicht möglich gewesen sei. Das Gericht gehe davon aus, dass in Südtirol vergleichbare Standards hinsichtlich Schutz und Hygiene bestehen wie in Deutschland und bei der Untersuchung von Patienten Vorkehrungen getroffen werden, um ein Ansteckung zu vermeiden. Der Umstand, dass der Kläger vor Ort keinen Arzt aufgesucht habe, erfolgte daher aufgrund einer persönlichen Entscheidung, nicht aufgrund objektiver Umstände.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

U.S.