BAG, Verjährung von Urlaubsansprüchen, Urteil vom 20.12.2022, Az. 9 AZR 266/20

Das BAG hat in einem noch nicht veröffentlichten Urteil vom 20.12.2022 folgendes klargestellt: Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub unterliegt der gesetzlichen Verjährungsfrist, also dreijährigen Verjährungsfrist. Die Verjährungsfrist beginnt jedoch erst am Ende des Kalenderjahres zu laufen, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Nach Auffassung des BAG beginne bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 199 Abs. 1 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist nicht zwangsläufig mit Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen habe. Mit dieser Rechtsprechung hat der erkennende Senat die Vorgaben des EuGH umgesetzt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs trete hiernach der Zweck der Verjährungsvorschriften, die Gewährleistung von Rechtssicherheit, in der vorliegenden Fallkonstellation hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zurück, die Gesundheit des Arbeitnehmers durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Urlaub zu schützen. Die Gewährleistung der Rechtssicherheit dürfe nicht als Vorwand dienen, um zuzulassen, dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumnis berufe, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben. Der Arbeitgeber könne die Rechtssicherheit gewährleisten, indem er seine Obliegenheiten gegenüber dem Arbeitnehmer nachhole.

Vorliegend habe der beklagte Arbeitgeber die Klägerin nicht durch Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten in die Lage versetzt, ihren Urlaubsanspruch wahrzunehmen. Die Ansprüche verfielen deshalb weder am Ende des Kalenderjahres (§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG) oder eines zulässigen Übertragungszeitraums (§ 7 Abs. 3 Satz 3 BUrlG) noch konnte der Beklagte mit Erfolg einwenden, der nicht gewährte Urlaub sei bereits während des laufenden Arbeitsverhältnisses nach Ablauf von drei Jahren verjährt. Den Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs habe die Klägerin innerhalb der Verjährungsfrist von drei Jahren erhoben.

Diese Rechtsprechung hat weitreichende Konsequenzen für die Praxis, da mittels dieser Rechtsprechung der Beginn der Verjährungsfrist in die Zukunft und von der Erfüllung von dem Arbeitgeber obliegenden Hinweisobliegenheiten abhängig gemacht wird. Mit Urlaubsansprüchen sind auch Urlaubsgeltungsansprüche gemeint. Es wird die vollständige Urteilsabfassung abzuwarten bleiben.

vgl. Pressemitteilung BAG 48/22