In dieser Entscheidung hatte der Senat die Frage eines die Haftung durchbrechenden qualifizierten Verschuldens (§ 435 HGB) beim Transport von kühlpflichtigen Arzneimitteln zu klären. Im Unterschied zur I. Instanz (Landgericht Mannheim) ist der Senat nicht zu einem qualifizierten Verschulden gelangt.
Es sei zwar unstreitig, dass die Temperaturabweichung während des Transports darauf zurückzuführen sei, dass die streitgegenständliche Sendung am Morgen des 22.09.2021 um 3.33 Uhr vom Lagerpersonal der Beklagten versehentlich in den Ambientbereich des Sattelaufliegers mit Thermokofferaufbau geladen worden sei, der zwischen 15 °C und 25 °C temperiert sei, anstatt die Sendung in den Kühlbereich des Fahrzeugs zu verladen. Dieser Fehler sei indes aufgrund eines menschlichen Augenblicksversagens eines Mitarbeiters des Beklagten begangen worden, indem dieser die kühlpflichtige Sendung fälschlicherweise nicht in den auf +2 °C bis +8 °C gekühlten, sondern trotz ordnungsgemäßer Erfassung des Packstücks als kühlpflichtig dennoch aus Versehen in den Ambientbereich des Transportfahrzeugs verladen habe. Auch bei Anwendung größter Sorgfalt seien Fehler nicht immer zu vermeiden. Diese allein reichten noch nicht aus, um einen „krassen“ Pflichtverstoß im Vergleich zur bloßen objektiven Fahrlässigkeit zu begründen. Entgegen der Ansicht der Klägerseite genüge nicht jedes vertragswidrige Verhalten eines Frachtführers, um ihm ein qualifiziertes Verschulden zur Last zu legen.
Dem ist nichts hinzuzufügen. Zwar wird nach wie vor noch allzu schnell ein qualifiziertes Verschulden und damit eine Haftungsdurchbrechung angenommen. Es ist aber eine Tendenz in der Rechtsprechung zu erkennen, dass dies eben nicht mehr reflexartig angenommen wird.
In den Kontext der vorgenannten Entscheidung soll noch auf eine Entscheidung des OLG Hamburg vom 12.01.2023, Az. 6 U 43/22, hingewiesen werden: Hiernach muss bei Tiefkühlware der Anspruchsteller beweisen, dass das Transportgut dem Frachtführer in ordnungsgemäß vorgekühltem Zustand übergeben worden ist. Das müsse der Anspruchsteller zunächst darlegen und beweisen. In erster Instanz hatte sich der Anspruchsteller zum Beweis für eine ordnungsgemäße Vorkühlung auf ein Temperaturprotokoll bezogen. Das hat das Landgericht nach Auffassung des Senats zu Recht nicht ausreichen lassen, weil sich das Protokoll allein auf den Tag der Verladung in den Container bezogen habe. Auch ein vorgelegtes Wiegeprotokoll beschränke sich auf den Tag der Verladung und umfasse nicht den vorherigen Zeitraum. Diese Erwägungen sind sachgerecht, da der Frachtführer nur für einen Obhutsschaden einzutreten hat. Das ist bei Kühltransporten aber nur dann der Fall, wenn ihm die zu kühlende Ware auch in einem ordnungsgemäß vorgekühlten Zustand übergeben worden ist.
U.S.