In dieser neueren Entscheidung des BAG ist es um die Frage der Urlaubsabgeltung bei Langzeiterkrankten gegangen. Das BAG stellte dabei klar, dass Urlaubsabgeltungsansprüche gemäß der Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres verfallen können, was aber nicht der Fall sein müsse. Der erkennende Senat ist zu dem Ergebnis gelangt, dass vorgenannte 15-monatige Verfallsfrist zugunsten des Arbeitnehmers individualvertraglich verlängert oder abbedungen werden könne. Zum Sachverhalt:
Die klagende Arbeitnehmerin war langzeiterkrankt. Im Ergebnis wurde das Arbeitsverhältnis beendet. Bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses konnte sie 144 Tage Urlaub nicht nehmen. Die Arbeitnehmerin fordert die Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs aus den Jahren 2016 bis 2021. Auf das Arbeitsverhältnis fanden durch eine vertragliche Bezugnahmeklausel Arbeitsvertragsrichtlinien Anwendung, die Fristen festlegten, innerhalb derer der Urlaub anzutreten war. Hiernach sollte Urlaub, der nicht innerhalb der genannten Fristen genommen worden war, verfallen. Im Arbeitsvertrag war geregelt, dass der gesetzliche Mindesturlaub bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit fortbestehen sollte; ein Verfall war nicht vorgesehen. Zur Begründung ihres Anspruchs hatte die Arbeitnehmerin sich auf die vorgenannte vertragliche Regelung berufen und ausgeführt, dass diese die Regelung der Arbeitsvertragsrichtlinie verdrängen und den Verfall des gesetzlichen Mindesturlaubs ausschließen würde. In I. Instanz wurde die Klage abgewiesen, die Berufungsinstanz hat der Klage hingegen stattgegeben.
Der erkennende Senat hat sich der Auffassung des LAG angeschlossen. Die von den Parteien vereinbarte individualvertragliche Regelungen weiche von § 7 Abs. 3 BurlG und der AVR-DD ab und schließe einen Verfall des gesetzlichen Mindesturlaubs bei Langzeiterkrankung aus. Dafür spreche insbesondere der Wortlaut der Klausel, die keinen späteren Verfallszeitpunkt vorsehe und stattdessen eine Abgeltung des Mindesturlaubs bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses anordne. Die Parteien hätten in § 7 Abs. 3 S. 3 des Arbeitsvertrags eine von der AVR-DD abweichende Systematik gewählt, die abseits von Langzeiterkrankungen einen schnelleren Verfall der Urlaubsansprüche vorsehe. Mit Blick auf die EUGH-Rechtsprechung könnten die Parteien individualvertraglich eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung vereinbaren.
Es lohnt sich daher für beide Seiten eines Arbeitsvertrages die vertraglichen Regelungen und in Bezug genommenen Regelwerke zu beachten, um ggf. abweichende Regelungen zu vermeiden.
U.S.


