Sonderkündigungsschutz, LAG München, Urteil vom 20.08.2025, 10 SLa 2/25

In einer aktuellen Entscheidung hat das LAG München, dass der besondere Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3b KSchG nicht während der Wartezeit von sechs Monaten gem. § 1 Abs. 1 KSchG greife und außerdem Verwirkung eintrete, wenn der Arbeitnehmer den Arbeitgeber nicht zeitnah (innerhalb von drei Wochen, spätestens aber innerhalb von drei Monaten) nach dem Zugang der Kündigung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 3b KSchG informiere. Vorgenannte Regelung lautet wie folgt:

Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung nach Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Absatz 3, § 17a Nummer 3 Satz 2, § 115 Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, längstens jedoch für drei Monate.

Der klagende Arbeitnehmer war seit dem 07.03.2024 bei der Beklagten, einem Sicherheitsunternehmen, beschäftigt. Schon am 13.03.2024 hat er begonnen, Maßnahmen zur Errichtung eines Betriebsrats ergriffen. Am 20.03.2024 erkundigte sich der Kläger bei der Beklagten per E-Mail ach der Existenz eines Betriebsrats und teilte mit, dass er, sollte kein Betriebsrat existieren, dessen Gründung beabsichtigt und zu einer Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands einladen will. Mit Schreiben vom 21.03.2024 hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis gekündigt. Der Arbeitnehmer hat Kündigungsschutzklage erhoben und zur Begründung ausgeführt, dass er gemäß § 15 Abs. 3 b KSchG Kündigungsschutz genieße. Der Arbeitgeber hat die Auffassung vertreten, dass sich der Kläger mangels Ablaufs der Wartefrist des § 1 KSchG nicht auf einen Sonderkündigungsschutz berufen könne.

Nachdem das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hatte, hat das LAG diese Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der besondere Kündigungsschutz des § 15 Abs. 3b KSchG finde während der Wartezeit von § 1 Abs. 1 KSchG keine Anwendung. Vielmehr ergebe die Auslegung der Bestimmung, dass sie ausschließlich für Kündigungen im zeitlichen Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes gelte. Auch könne sich der Kläger auf den Sonderkündigungsschutz des § 15 Abs. 3b KSchG wegen Verwirkung nicht berufen. Er habe nicht innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung, jedenfalls aber nicht innerhalb von drei Monaten nach Abgabe der öffentlich beglaubigten Absichtserklärung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 15 Abs. 3b KSchG informiert.

Nach hiesiger Kenntnis ist die Entscheidung noch rechtskräftig. Die Revision wurde zugelassen, da nicht entschieden worden sei, ob § 15 Abs. 3b KSchG während der Probezeit gelte; ebenso nicht die Frage der Verwirkung.

vgl. Pressemitteilung LAG München v. 20.08.2025.